Preßprobleme.

Die folgende Kritik an der sozialdemokratischen Presse wurde unmittelbar vor Ausbruch des Krieges veröffentlicht. Wesen und Wirksamkeit der Arbeiterpresse ist und bleibt eine allererste politische und kulturelle Angelegenheit. Sie bedeutet für die Presseverhältnisse im allgemeinen, was die Freien Volksbühnen für das Theater. Deshalb seien jene Erörterungen - gekürzt - hier aufgenommen.

Die Kriegserfahrungen haben mich gelehrt, daß Parteien, um ihrer Aktionsfähigkeit willen, sich nicht unmittelbar mit geschäftlichen Unternehmungen belasten dürfen. Diese und andere Gründe lassen ein neues wichtiges und dringendes Preßproblem erscheinen; ob es nicht ratsam ist, daß künftig die sozialdemokratische Presse als freie, aber der Partei verantwortliche, von kapitalistischen Rücksichten und Privatinteressen gesicherte unabhängige Privatunternehmung entwickelt werde.

I.

Das bürgerliche Preßgeschäft.

Die sozialdemokratische Presse ist das einzige Mittel, das dauernd die große Erziehungsarbeit des Proletariats zu bewältigen vermag; das einzige auch, was die Kraft hat, die Arbeiterbewegung nicht nur vor Rückschlägen zu bewahren, sondern sie auch sicher zur endlichen Herrschaft zu fördern. Unsere Presse hat innerlich und äußerlich einen großen Aufschwung genommen. Aber die Zahl unserer Blätter und die Ziffer unserer Abonnenten verschwindet immer noch

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in der unübersehbaren Menge der bürgerlichen Preßpapiere. Daher kommt es, daß die Parteipresse gerade in entscheidend schweren Zeiten immer noch von dem zahllosen Chor der bürgerlichen Presse überschrien wird, und gerade dann nicht die Macht über die öffentliche Meinung zu erringen vermag, die "öffentliche Meinung", die, so unbestimmt und beinahe mystisch unheimlich sie ist, dennoch eine unermeßliche Kraft in der weltgeschichtlichen Entwicklung ist.

Das aber ist unsere Aufgabe: die sozialdemokratische Presse muß, dem Umfange ihrer Verbreitung wie dem inneren Gehalt nach, die unbedingte Führung in der deutschen Presse erhalten. Das ist das Ziel, das erreichbare Ziel. Was kann und muß geschehen, um dieses Ziel zu gewinnen? Wie muß unsere Presse überall werden, damit sie zu herrschen vermag?

Unsere inneren Unterhaltungen über die Parteipresse erschöpften sich in den letzten Jahren meist in Klagen über wachsende Uniformität. Man sah die Uniformität aber gerade da nicht, wo sie wirklich bisweilen steckt. Es scheint mir sehr gleichgültig, ob ein guter, lebendiger, sachkundiger und persönlicher Artikel in einem oder in drei Dutzend Blättern zugleich veröffentlicht wird. Durch die Zahl der Abdrücke wird ein individuelles geistiges Erzeugnis nicht uniform, ebensowenig, wie ein hervorragendes wissenschaftliches Werk durch die Zahl der Auflagen. Es ist nicht einzusehen, warum ein Artikel in einem einzigen Blatt, das über 150000 Exemplare verbreitet, wo ein jedes denselben Artikel enthält, nicht uniform ist, wohl aber, wenn er in zehn Blättern von je 15000 Auflage erscheint. Die Uniformität hängt nicht an dem Umfang des Verbreitungsgebiets. Wohl aber kann ein Blatt außerordentlich uniform sein, das bis auf die letzte Zeile lauter Originalbeiträge bringt, nur für sich allein, sogar sämtlich im Hause gearbeitet - sofern nämlich

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die Verfasser der Beiträge selbst Uniformseelen, Klischeegehirne sind. Ich glaube sogar, daß wir in der Zentralisierung - da wir mit den vorhandenen menschlichen Kräften uns einrichten müssen - sogar noch weitergehen werden müssen, wenn wir das Ziel erreichen wollen: Die bürgerliche Presse auch technisch-journalistisch zu schlagen. Betrachtungen über allgemeine Politik - beim politischen Nachrichtendienst ist das ja selbstverständlich - werden am besten in den Zentralen dieser Politik verfaßt, wo die unmittelbare politische Anschauung möglich ist; wie viel Journalisten sich in diese Arbeit teilen, das hängt ganz von der Zahl fähiger Parteigenossen ab, die zur Verfügung stehen. Dasselbe gilt von dem allgemeinen Teil des Feuilletons. Die Besonderheit des einzelnen Blattes muß sich in der allseitigen Spiegelung und führenden Durchdringung des Lebens im engeren Verbreitungsgebiet entfalten. Nicht nötig zu sagen, daß auch die Diskussion innerer Parteifragen nicht zentralisiert werden kann.

Das Grundproblem, das zu erörtern ist, wird von den Uniformdebatten nicht einmal gestreift : welche Aufgabe, welches Ziel stellen wir überhaupt unserer Presse? Was wollen wir mit ihr? Dieses Problem löst sich in die Entscheidung auf: Was soll werden, Propagandaorgane (mit Vereinscharakter) oder Zeitungen? Unsere Presse ist durchweg aus vereinsmäßigen Propagandaorganen hervorgegangen. 1 Heute ist sie das nicht mehr, aber das Wesen haftet ihr noch an. Wir haben uns noch nicht ganz entschlossen, Zeitungen zu schaffen, die allein durch sich selbst wirken. Bruno Schönlank hat diese Notwendigkeiten zuerst erkannt, er hat auch sofort die Möglichkeit sozialdemokratischer Zeitungen gegen alle Zweifel durch die Tat bewiesen; die Kraft dieses genialen Pressereformers ist zu früh gebrochen worden.

Gerade die Entwicklung der deutschen Presse zeigt,

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wie lose, ja fast wie gegensätzlich die Beziehungen zwischen Presseverbreitung, Parteistärke und Parteieinfluß sind. Wir haben besonders hervorragende bürgerliche Blätter, die sich die Weltstellung erworben haben, obwohl die Partei, der sie dienen, zu einem Häuflein letzter und allerletzter Mohikaner entschwindet. Umgekehrt verfügt die herrschende Partei Deutschlands, die konservative, fast nur über wenig verbreitete und journalistisch wertlose Organe. Nicht viel besser steht es mit der Zentrumspresse, von der nur ein paar Blätter durch sich selbst Bedeutung haben. In Bayern, wo das Zentrum parlamentarisch wie organisatorisch gebietet, verfügt diese Partei zwar über eine Anzahl kleiner Blätter, aber über kein einziges, das größere Verbreitung und Einfluß auf die öffentliche Meinung hätte.

Die Bedeutung der Presse hängt sonach lediglich von ihren journalistischen Qualitäten ab. Sie wird genau soviel gelesen, als sie gelesen zu werden verdient. Auf Erfüllung einer Parteipflicht allein kann man keine Zeitung gründen.

Aber in dieser selbständigen Entwicklung der bürgerlichen Presse, abseits des Parteiwesens und im Gegensatz zu ihm, verbirgt sich zugleich jene gemeingefährliche Abhängigkeit gerade ihrer verbreitetsten Organe - von anonymen Gewalten. Sie machen die Politik von offiziellen und privaten Pressebureaus. Die Wilhelmstraße in Berlin dirigiert die ganze auswärtige Politik der bürgerlichen deutschen Presse und teilt ihre Herrschaft nur gelegentlich mit dem Pressebureau Krupps und sonstiger Rüstungsindustrieller, die mit Hilfe gewisser Journalistenkonzerne in den Agadirzeiten - entgegen den Bemühungen der Regierung - das Feuer eines Weltkrieges schürten. Der "ideologische Überbau" dieser Presse heißt liberal oder national oder parteilos, die solide Basis ist die Börse, die Großreederei, das Getreidegeschäft, die

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Aktiengesellschaft, der Unternehmerverband, der Inserent, die Brauerei, der Schnapsbrenner. Am harmlosesten ist fast noch die Presse, die nur den Profitrücksichten des Verlegers dient; aber in der Regel wird auch sie die eine große Abhängigkeit mit zahlreichen kleineren Abhängigkeiten von allerlei wirtschaftlichen Interessenten teilen. Die bürgerliche Presse dient jeder Sache, nur nicht der, für die sie zu wirken vorgibt.

Die unwürdige Stellung des bürgerlichen Journalisten in Deutschland verschärft die innere Unwahrheit der bürgerlichen Presse. Niemand hat so wenig Einfluß auf die Zeitung, wie die Leute, die sie schreiben und redigieren. Diese Redakteure sind Privatangestellte geschäftlicher Unternehmungen, nichts anderes, wie Bankbeamte, Warenhausverkäufer oder Fabrikchemiker. Sie sind nicht Vorkämpfer einer Sache, der sie leidenschaftlich ergeben sind, sondern unlustige müde Techniker für die Erzeugung des geistigen Teils der Zeitungen, deren beste Vertreter höchstens ein gewisser literarischer Ehrgeiz beseelt. Sie dürfen keine Charaktere sein, das wäre störend; man fordert nur fachliche Routine von ihnen. Sie sind allenfalls geduldete, nun einmal notwendige Werkzeuge für die Ausstattung des Zeitungsgeschäfts. In Deutschland ist nicht die Vorbedingung der Laufbahn von Parlamentariern und Staatsmännern, wie in Frankreich, Italien, England, Amerika, daß sie als Publizisten sich zuvor bewährt haben. In den letzten Jahren haben wir wiederholt gesehen, wie große Zeitungsunternehmungen mitsamt allen Redakteuren und Mitarbeitern verkauft wurden, genau so wie in den Zeiten der Erbuntertänigkeit die Güter mit totem und lebendem Inventar verkauft wurden, wobei dann unter dem lebenden Inventar neben der Zahl des Viehes auch die der zugehörigen Bauern angegeben wurde.

Und diese innerlich entwürdigte Presse beherrscht

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dennoch den Markt der öffentlichen Meinung, weil es - Zeitungen sind, vor denen die Lehre Karl Marx' von der Überlegenheit des Großbetriebs am allerwenigsten halt macht.

Welche Entwicklungsmöglichkeiten stecken da erst in der sozialdemokratischen Presse, die allein in tapferer Freiheit und unabhängiger Wahrheit, um der Sache willen, nicht des Geschäfts und dunkler Hintermänner wegen, geschrieben, gedruckt, verbreitet wird -, welche Möglichkeiten, wenn wir uns nur entschließen wollen, journalistische Großbetriebe zu schaffen.

II.

Die Grundlegung der Größe der Parteipresse.

Die sozialdemokratische Presse ist die freieste der Welt. Unsere Zeitungen sind keine Geschäftsunternehmungen zur Erzeugung direkter oder - durch Beeinflussung der öffentlichen Meinung - indirekter Profite, sondern sie sind Organe politischer und wirtschaftlicher Aufklärung. Demgemäß ist die Stellung des sozialdemokratischen Journalisten durchaus verschieden von der bürgerlicher Redakteure und Schriftsteller. Er wirkt als Vertrauensmann der proletarischen Organisation, die ihn berief; er ist kein Verlagsangestellter, sondern ein politischer Führer. Weil unsere Presse kein Werkzeug für Profitinteressen ist, darum ist sie ein um so reineres Werkzeug idealer Bestrebungen. Nur der sozialdemokratische Journalist kann jene Lebensluft geistigen Schaffens atmen: die Betätigung freier Gesinnung innerhalb der frei gewählten Parteiüberzeugung. In den vielen Jahren meiner sozialdemokratischen Redakteurtätigkeit habe ich wohl manchen, und nicht ganz angenehmen Konflikt zu bestehen gehabt, aber niemals haben die Partei-genossen, deren Vertrauen ich genoß, auch nur den leisesten Versuch gemacht, meine Überzeugungen zu

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beeinflussen. Das ist notwendig, öffentlich zu erklären, weil die Gegner häufig, aus gänzlich mißverstandenen Fällen, einen Gesinnungsterrorismus sozialdemokratischer Arbeitgeber behaupten. Hier und da mögen vielleicht bureaukratische Neigungen ein wenig beengend wirken. Aber auch das ist nicht gar so schlimm und wirkt nur deshalb bisweilen verdrießlich, weil nichts so wenig bureaukratischen Zwang irgendeiner Art verträgt, wie die Presse. Die Weltgeschichte, deren Spiegel und Webstuhl die Presse ist, kennt keine Bureaustunden. Gerade die Preßkommissionen scheinen mir eine durchaus notwendige und nützliche Einrichtung, sofern sie sich auf ihren natürlichen Beruf beschränken und ihn erfüllen, Mittler zwischen der Redaktion und den Lesern zu sein. Sie sollten auch ihre eigentliche und wesentliche Aufgabe nicht sowohl darin sehen, eine zumeist überflüssige "Aufsicht" zu üben oder "Beschwerden" vorzubringen, die in 99 Fällen von 100 bedeutungslos sind, als vielmehr Propagandaorgane zu sein, die an die Redaktion die Bedürfnisse der Leser vermitteln und andererseits nach außen hin auf die Verbreitung und geschäftliche Unterstützung des Blattes hinwirken. Vielleicht werden wir einmal dazu kommen, daß die Parteigenossen zum Vorsitzenden der Preßkommission eine redaktionell und kaufmännisch zugleich geschulte Kraft wählen, der sein Amt, gegen angemessene Bezahlung, ausschließlich dieser doppelten Propaganda widmet und es nicht nur nebenbei versieht.

Im großen und ganzen ist die Organisation der sozialdemokratischen Presse vorbildlich, und gerade in ihr liegen die Vorbedingungen für die Erweiterung unserer Presse zur beherrschenden Macht der öffentlichen Meinung. Man hat letzthin des öfteren diskutiert, ob eine Chefredaktion oder eine kollegiale Redaktion vorzuziehen sei. Auch dies scheint mir eine nebensächliche Frage. Hat eine Redaktion einen wirk-

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lich leitenden Kopf, so ist es ganz gleichgültig, ob er Chefredakteur oder sonstwie genannt wird. Jeder verständige Kollege wird, bei aller Selbständigkeit, sich von selbst dem Einfluß seiner größeren Erfahrung, reicheren Wissens und höherer Begabung freiwillig unterwerfen. Eines sollte allerdings geändert werden :

man sollte diesem leitenden Kopf einen entscheidenden Einfluß auf die Zusammensetzung der Redaktion geben. Redaktionen müssen, wenn sie schaffensfreudig bleiben sollen, eine harmonische Arbeitsgemeinschaft bilden, die durchaus nicht in einer Gleichförmigkeit der Ansichten und Richtungen zu bestehen braucht, wohl aber in einer Verträglichkeit der Charaktere und Intelligenzen.

In dieser idealen Unabhängigkeit, in dieser nur von der sachlichen Überzeugung geleiteten Freiheit der sozialdemokratischen Presse liegt ihre reichste Entwicklungsmöglichkeit. Die sozialdemokratische Presse wird von selbst, über die eigentlichen proletarischen Organisationen hinaus, zum natürlichen Organ für alle, die unter der kapitalistischen Gewaltherrschaft leiden, für alle Unterdrückten, Vergewaltigten und nicht zuletzt für alle - Idealisten. Nichts wäre so töricht, als unsere Presse zu engen Vereinsorganen zu machen; und die Redaktionen sollten keiner Beeinflussung so entschieden Widerstand leisten, als den immer einseitigen Wünschen einzelner in den verschiedenen proletarischen Körperschaften tätigen Persönlichkeiten. Unsere Blätter sind nicht für Reichstags- und Landtagsabgeordnete, auch nicht für Gemeindevertreter, Vereinsvorsitzende, Gewerkschaftsführer, Agitatoren da, sondern sie müssen alle Interessen der breiten Massen berücksichtigen, das Weltleben einfangen und immer von dem Bewußtsein sich erfüllen lassen, daß sie eine geschichtliche Mission haben. Je weiter der Kreis der Aufgaben gespannt ist, um so größer ist auch der Kreis der Interessenten, denen das

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Blatt zur Lebensnotwendigkeit wird. Die unbestechliche Kritik aller öffentlichen Erscheinungen, zu der nur die sozialdemokratische Presse fähig ist, gewinnt dadurch noch eine ganz besondere schöpferische Bedeutung, daß diese Kritik eben sozialistisch ist. Diese sozialistische "Parteilichkeit" wirkt an sich nicht abschreckend und verengend, sondern im Gegenteil: sie erhöht die geistige Bedeutung der Presse über alles hinaus, was das bestredigierte bürgerliche Blatt zu leisten vermöchte. Denn wie auch immer die Gegner den Sozialismus bekämpfen mögen, eines müssen sie alle zugeben : der sozialistische und der demokratische Gedanke sind die einzigen konstruktiven Ideen, die es in der heutigen Welt gibt. Auch der bornierteste Klopffechter der herrschenden Klassen muß, wenn er irgend etwas Fruchtbares, Emporführendes leisten will, auf irgendeine Art in irgendeiner Verdünnung aus dem Quell der sozialistischen und demokratischen Weltrichtungsgedanken schöpfen.

So sind in der sozialdemokratischen Presse alle Vorbedingungen gegeben, sie zu den schlechthin leitenden Organen der öffentlichen Meinungen auszugestalten. Wie aber wird diese Möglichkeit, ja diese innere Notwendigkeit eine Wirklichkeit? Wir müssen einfach wagen, uns das Ziel einer in jeder Hinsicht der bürgerlichen Presse technisch ebenbürtigen, ja überlegenen Presse zu stellen. Das kann selbstverständlich nicht auf einmal erreicht werden, und nicht von allen Blättern zugleich. Aber wir müssen unermüdlich auf dieses Ziel hinarbeiten und keinen Tag verstreichen lassen, ohne uns ihm zu nähern.

Die Vollendung der Zeitungstechnik beginnt mit dem Bau, in dem der Zeitungsbetrieb untergebracht ist. Wir müssen die leistungsfähigsten Maschinen aufstellen, jeden Fortschritt der Technik einführen. So sind zum Beispiel auf dem Gebiete der Stereotypie Neuerungen vorhanden, deren Einführung die bür-

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gerliche Presse zu außerordentlich beschleunigter Herstellung des Blattes und damit zu größerer Aktualität befähigt. Wir bedürfen geschäftlicher Leiter, die sich nicht damit begnügen, ein ordentlich und mit genügendem Erfolg arbeitendes Geschäft so eben nur zu verwalten, sondern die unermüdlich in organisatorischen Maßnahmen sind um das Unternehmen zu vergrößern. Hierher gehört auch die zweckmäßige Organisation eines Filialbetriebes und der raschen Zustellung des Blattes. Vor allem aber muß die Inseratenpropaganda durchaus über das Zufällige hinaus systematisch ausgestaltet werden.

Im Inseratenteil liegen die finanziellen Möglichkeiten, journalistische Großbetriebe zu schaffen. Die Höhe des Abonnementspreises hat ihre natürlichen, durch die proletarische Leistungsfähigkeit gesetzten Grenzen. Aber es kommt, nach den deutschen Verhältnissen, auch gar nicht auf die Höhe des Abonnementspreises an. Es gibt große, über die höchsten Auflageziffern sozialdemokratischer Blätter weit hinaus verbreitete bürgerliche Blätter, die billiger sind als unsere Parteipresse, in anderen Fällen vielleicht um zehn oder zwanzig Pfennige mehr kosten, dabei zweimal täglich erscheinen und technisch-journahistisch erheblich mehr leisten. Der Inseratenteil ist durchaus nicht bloß ein lästiges Zubehör des redaktionellen Stoffes. Im Gegenteil, die Inseratenseiten dienen dem Austauschverkehr und dem Publikationsbedürfnis der großen Masse. Die Inserate bilden insofern eine Ergänzung und Bereicherung des redaktionellen Stoffes.

Man wird natürlich sofort den Einwand erheben , daß dem unbegrenzten Ausbau des Inseratenteils sich der unüberwindliche Widerstand entgegensetzt, daß sozialdemokratische Blätter eben in erster Linie Organe für das Proletariat sind, daß wir also von vornherein auf die Inserate verzichten müssen, die nur auf die besitzenden Klassen berechnet sind. Das ist

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ein verhängnisvoller Irrtum. Es wäre eine sehr nützliche Aufgabe der Geschäftsleitungen unserer Presse, statistisch zu ermitteln, welcher Prozentsatz der Anzeigen in den örtlichen Inseratenblättern entweder von Proletariern ausgehen oder für Proletarier berechnet sind. Man wird das überraschende Ergebnis finden, daß auch diese bürgerlichen Inseratenplantagen zum größten Teil von Proletariern bestellt werden, zum mindesten von kleinen Leuten. Die Millionen-Masse der Besitzlosen verfügt in der Tat über jene entscheidende Kaufkraft, die den Inseratenteil bestimmt. Man versuche durch systematische Organisation - durch besondere Propagandastellen - die proletarischen und halbproletarischen Inserenten für unsere Parteipresse zu gewinnen, man gewöhne die kapitalistischen Inserenten daran, wenn sie proletarische Kauf- oder Arbeitskraft suchen, sich unserer Presse zu bedienen (weil sie nämlich in der bürgerlichen Presse keine proletarischen Leser mehr finden) und die finanziellen Grundlagen für eine sozialistische Großpresse sind gegeben.

Sind alle diese technisch geschäftlichen Maßnahmen getroffen, dann gilt es, die inhaltliche Ausgestaltung des Blattes zu vollenden und damit die unbezwingliche Anziehungskraft der sozialistischen Presse zu entfalten. Ich meine durchaus nicht, daß wir die Verbreitung unserer Presse auf Kosten ihres geistigen Ernstes fördern sollen. Wir sollen nicht nur keine Zugeständnisse an den niedrigen und widrigen Typ der bürgerlichen Massenpresse machen, sondern umgekehrt: Durch die technisch-journalistische Bereicherung, Vergrößerung und Verbreiterung unserer Presse die Möglichkeit gewinnen, die geistigen Anforderungen unserer Presse noch erheblich anzuspannen und zu vertiefen.

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III.

Die notwendigen Reformen.

Ein Parteiblatt erzählte kürzlich von den Erfahrungen der "Roten Woche", wieviele Frauen der Arbeiterklasse noch von spießbürgerlichen Anschauungen erfüllt seien und die merkwürdigsten Einwendungen gegen das sozialdemokratische Blatt geltend gemacht haben. Einer Frau waren zu wenig Wohnungsanzeigen im Parteiblatt, einer anderen zu wenig Traueranzeigen, einer dritten zu wenig Käufe und Verkäufe. Anstatt auf diese Einwendungen sorgfältig zu hören, nennt man sie spießbürgerlich, rückständig. Aber jeder Blick in ein bürgerliches Inseratenblatt beweist doch gerade durch die Unzahl proletarischer Inserate der Art, daß dies Bedürfnis vorhanden ist. Und da die Befriedigung dieses Bedürfnisses obendrein die finanzielle Leistungsfähigkeit des Blattes erhöht und damit die redaktionelle Ausgestaltung ermöglicht, ist es wirklich bei einigem Nachdenken unerfindlich, warum man auf das Bedürfnis schilt, anstatt es zu befriedigen. Auch das schärfst entwickelte Klassenbewußtsein hindert nicht, daß ein Proletarier gelegentlich ein altes Kanapee zu kaufen oder zu verkaufen wünscht; und jenes Parteiblatt hat sich den Beweis der Philisterhaftigkeit der inseratenbegehrlichen Frauen sehr leicht gemacht, wenn es behauptete, gerade die befragten Frauen hätten kein persönliches Bedürfnis nach solchen Inseraten gehabt. Dieses kleine Bild aus dem proletarischen Familienleben von Nichtabonnenten der Parteipresse unterstützt meine Ausführungen, daß auch der Inseratenteil zum textlichen Inhalt des Blattes gehört.

Genau so wie es mir sehr nützlich scheint, die Inseratenseiten der bürgerlichen Presse auf ihren proletarischen Inhalt zu studieren, genau so wäre es die Aufgabe der in irgendeiner Form jedem Blatte notwendigen Propagandakommission, auch den redak-

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tionellen Teil der weitverbreiteten billigen bürgerlichen Presse ständig daraufhin durchzusehen, welche Stoffgebiete sie pflegt, um den Forderungen ihrer Leser zu genügen. Solche tatsächlichen Bedürfnisse aber werden dadurch nicht aus der Welt geschafft, daß man sie als kleinlich und unwürdig bespöttelt. Es kann für diese Gebiete der kleinen alltäglichen, persönlichen Publizität Raum geschaffen werden, wenn wir eben mehr Papier zur Verfügung stellen.

Im Gegensatz zu meiner Auffassung, daß unsere Blätter räumlich noch zu klein sind, hört man in Kollegenkreisen nicht selten die umgekehrte Meinung, daß unsere Presse viel zu umfangreich ist, daß niemand mehr sich durch sie hindurchzufinden vermag. Diese Ansicht verkennt völlig die Aufgabe eines Zeitungsblattes, das nicht dazu da ist, von Anfang bis zu Ende durchbuchstabiert zu werden, sondern das jedem Interesse irgend etwas bieten soll. Der Redakteur darf das Blatt nicht nach seinem Interesse zusammenstellen, freilich auch nicht - was öfter als man denkt geschieht - gerade über das nicht berichten, was ihn selber zwar lebhaft interessiert, was er aber nicht ernst und großartig genug findet, um nun auch vor den Lesern erörtert zu werden.

Die Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung der Lesermasse bedingt schon die Mannigfaltigkeit des Inhalts Die Schwierigkeit der Parteipresse liegt nicht darin, daß sie zu hohe Ansprüche an die Aufnahmefähigkeit ihrer Leser stellt, daß ihre Ideen nicht leicht faßlich genug, ihre Sprache zu wenig volkstümlich, zu beladen mit Fremdwörtern ist. Die Empfänglichkeit gerade für abstrakte schwere Gedanken, für dialektische Untersuchungen, für wissenschaftliche Theorien, welt-geschichtliche Perspektiven, ist durchaus menschliches Allgemeingut, das - wenn anders der Verfasser solcher Betrachtungen überhaupt zu seinem Amt berufen ist - jedem natürlichen Verstande zugänglich ist. Die

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"Schwerfaßlichkeit" liegt durchaus nur in der Fülle des Rohstoffes, in der unübersehbaren Menge der als bekannt vorauszusetzenden Tatsachen, Namen, Ereignisse, Gesetze, die zu begreifen (und nur was man begreift, interessiert) eine regelmäßige, langjährige, ununterbrochene Zeitungslektüre erfordert. Nur diese Unmenge als bekannt notwendig vorauszusetzender stofflicher Einzeltatsachen, die der Leser nicht beherrscht, lassen namentlich das Politische als langweilig erscheinen. Die Parteipresse in ihrer heutigen Entwicklung kommt nicht mehr mit ein paar großen feurigen und befeuernden Formeln der Aufklärung aus. Sie muß eindringen in die Unermeßlichkeit der Erscheinungen unseres Lebens.

Jede Woche aber bringt junge Leute in den Kreis unserer Leser, die nichts oder wenig von den Tatsachen der Gegenwart wissen. Vom Lande strömen in die Industriezentren Massen von Proletariern, die ebenfalls nur sehr dunkle Vorstellungen von den stofflichen Einzelheiten des öffentlichen Lebens haben. Eine Zeitung kann aber nicht jeden Tag von vorn beginnen, und so muß ein großer Teil des Stoffes den Neulingen anfangs fremd und tot bleiben. Auf diese Tatsache baute die unpolitische Presse ihre Berechnung und ihren Erfolg. Sie fütterte die Leser mit den ewigen Alltäglichkeiten, die durch sich selbst verständlich sind und nichts voraussetzen. Auf der andern Seite hat die Parteipresse Leser, die die höchsten geistigen Ansprüche stellen, die weiter gebildet werden wollen, die den Stoff des politisch-sozialen Lebens beherrschen, die durstig nach neuer Erkenntnis, nach lebendiger Anregung sind, und die auch durch die Form der Zeitung ästhetisch befriedigt zu werden wünschen. Für diese Leser schmeckt das Zeug schal, an dem die andern ihre Freude haben. Es gibt für diese Gegensätze innerhalb des Leserpublikums nur eine Lösung: umfassende Erweiterung des Stoffes.

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In jedem Zeitungsblatt sollte sich das Nebeneinander der Entwicklungsphasen der Leser spiegeln. Aber keine Zeile sollte in der Zeitung stehen, die nicht fähig wäre, den Leser jeder Entwicklungsstufe über sich selbst hinauszuheben.

Erweiterung des Stofflichen ist das erste, was not tut. Das zweite wäre die Vervollkommnung des Nachrichtendienstes. Auf diesem Gebiet müssen wir in der Schnelligkeit und der Allseitigkeit des Dienstes mit der großen bürgerlichen Presse konkurrieren können. Und wir werden sie durch die Gunst unserer unabhängigen Stellung an Zuverlässigkeit und Bedeutung des Nachrichtendienstes überflügeln können. Um diese unerläßliche Aufgabe zu erfüllen, müssen wir freilich loskommen von der Zufälligkeit der in- und ausländischen telegraphischen, telephonischen und brieflichen Korrespondenz. Eine zweckmäßige Organisation würde ohne unerschwinglichen Aufwand an Kosten und Personen diese Aufgabe für die Gesamtheit unserer Parteipresse leisten.

Eine Entwicklung dieses internationalen Nachrichtendienstes wäre nicht nur zeitungstechnisch ein gewaltiger Fortschritt, sondern erhielte auch eine internationale politische Bedeutung, die gar nicht groß genug zu werten ist. Gerade die auswärtige Politik ist in der deutschen bürgerlichen Presse jämmerliches Reptilienelend. Nirgends eine unabhängige Meinung, und was sich als offiziöse Information aufspielt, ist in Wirklichkeit nur ein Kniff, die Wahrheit zu verhehlen. Wer sich über die deutsche auswärtige Politik unterrichten will, muß sich seine Kenntnisse aus der großen ausländischen Presse holen. Durch rasche Information, durch sachverständige Urteile in der internationalen Politik könnte die sozialdemokratische Presse Deutschlands zu einer unüberwindlichen politischen Macht werden.

Allerdings dürfte sich weder der sozialdemokratische

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Redakteur noch der sozialdemokratische Korrespondent und Mitarbeiter von dem Leben der Allgemeinheit absperren und sich in seine engeren Aufgaben ein-spinnen. Er muß Beziehungen zu allen Institutionen des öffentlichen Lebens unterhalten, und die Lauterkeit seiner Gesinnung und die Fähigkeit seiner jour-nalistischen Auffassung werden ihm die Autorität verschaffen, daß er gar nicht Beziehungen zu suchen braucht, daß man sie vielmehr mit ihm sucht. Zeitungsblätter sollten nicht am Schreibtisch entstehen, sondern mitten heraus aus dem flutenden Leben gestaltet werden.

Wie wir die journalistisch-technischen Vorzüge der bürgerlichen Presse uns aneignen müssen, so sollten wir uns bewußt und schroff von ihrem geistigen Typ abheben. Hier und da scheint bei uns aber gerade die Neigung zu bestehen, nachzuahmen, was vom Übel ist. Die bürgerliche Geschäftspresse strebt immer mehr zum reinen, kurzgehackten Nachrichtenblatt. Der Sensation vom Tage wird möglichst viel Raum gewährt; man reckt und dehnt, um ja nur die Konkurrenz zu schlagen. (Am ekelhaftesten ist dieses Strecksystem in der Wiener Presse entwickelt.) Aller andere Stoff aber wird möglichst kurz und flach zusammengedrängt. Man hat da ganz bestimmte, zeilenmäßig begrenzte Tarife. Das Feuilleton darf immer nur höchstens 150 Zeilen haben, ob darin nun die schwierigsten Weltfragen erörtert werden oder über irgendeine Nichtigkeit geschwatzt wird. Die Theaterkritik über Novitäten wird streng auf 80 Zeilen abgezirkelt, die der Rezensent erreichen muß, wenn er über die ödeste Geschäftsware berichtet, die er nicht überschreiten darf, wenn er ein ewiges Meisterwerk würdigen soll. Die sozialdemokratische Presse sollte sich dieser blöden Mechanisierung verschließen und den Raum nach der Bedeutung des Stoffes, nach seiner Schwierigkeit und Wichtigkeit, ohne Schablone und

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Zeilenmaß zur Verfügung stellen. Das Publikum der sozialdemokratischen Presse soll mit Recht den Anspruch erheben, die Zeit, die es der Zeitungslektüre widmet, zu seiner geistigen Bereicherung auszunutzen. Die Zeiten sind ja wohl vorüber, als Engels mit seinem Anti-Dühring eine Zeitung monatelang füllen durfte; aber es ist durchaus nicht verwerflich, wenn der Leser der sozialdemokratischen Presse gelegentlich eine Woche sich mit demselben Problem beschäftigt.

Der Unterhaltungteil unserer Presse wird von bürgerlichen Sozialethikern wegen seines Ernstes, seines künstlerischen und wissenschaftlichen Ehrgeizes gerühmt. Wer zu Proletariern redet, hat in der Tat die Pflicht, nur den Ertrag gewissenhafter Arbeit und erlesener geistiger Kraft zu produzieren. Die leichtherzige und darmflüssige Art, am Abend wieder zu lehren, was man am Morgen hastig gelernt hat, darf in unserer Presse keine Stätte finden. Schmock mag nach allen Richtungen schreiben, für die Sozialdemokratie ist er ungeeignet. Unser Feuilleton (im weitesten Sinne) aber sollte noch mehr wie bisher von dem Zufall der Stofflese befreit werden und auch mehr durchweg von der sozialistischen Weltanschauung durchdrungen sein. Von der Erziehung durch eine sozialistische, künstlerisch und wissenschaftlich vollendete Unterhaltungsbeilage d ringt der Neuling am ehesten zum politischen Teil vor. Hierfür brauchen wir besonders auch darstellungsbegabte parteigenössische Fachschriftsteller. Wir sollten auch in der Akzentuierung der Interessen uns von dem bürgerlichen Vorbild befreien. Ich finde, daß man dem Theater eine allzu große Bedeutung beimißt, - die kapitalistischen Blätter bevorzugen das Theater, weil eben die Theater provozierend kapitalistische Unternehmungen sind -, während wir der wissenschaftlichen und künstlerischen Buchliteratur, in der die Kultur

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unserer Zeit weit mehr lebt als in der Bühnenfabrikation, viel zu wenig Aufmerksamkeit widmen. Auch die mit lebendiger Anschaulichkeit und gründlicher Sachkenntnis geschriebene soziale Zustandsschilderung mangelt uns noch. Hierfür müßten wir junge, begabte, drängend unruhige Schriftsteller gewinnen, die wandern und reisen, die mit hellen Augen Leben sehen und mit knappem Wort es festzuhalten verstehen.

Die Befreiung der Zeitung von allem aktenhaften Rohstoff ist eine weitere wesentliche Aufgabe. Wir haben eine gründlich verkehrte Rangordnung in der Wertung der Kräfte, die an einer Zeitung mitarbeiten. Voran marschiert feierlich der politische Redakteur, und dann kommen nach und nach die Bearbeiter der anderen Ressorts. Den Redakteuren schließen sich die Mitarbeiter an, und ganz zuletzt folgt bescheiden der Berichterstatter. Ich halte umgekehrt den technisch leistungsfähigen, gebildeten, künstlerisch begabten Berichterstatter für die Seele der Zeitung. Er ist berufen, die Fülle des Lebens in der Zeitung auferstehen zu lassen. Wie wenig wird bis jetzt noch das Gericht ausgenutzt. Die Vorgänge in den Gerichtssälen der kleineren Orte stehen fast nirgends unter Kontrolle, und selbst bei Sensationsprozessen in den Großstädten vernehmen wir höchstens das Gestammel der Worte, anstatt daß wir den sozialen und juristischen Gehalt der kriminellen Vorgänge unmittelbar erfahren. Auch die parlamentarische Berichterstattung, die heute unseren Raum verschlingt, scheint mir sehr wenig glücklich, wie es auch barbarisch ist, Versammlungsvorträge in ein paar Fetzen in die Zeitung zu schleifen. Ich glaube, daß wir dahin kommen müßten, Stimmungsbild und stenographischen Bericht insofern zu verbinden, als wir im allgemeinen die Rede nur frei nachzeichnen, wichtige Stellen und Zwischenfälle dann aber auch mit aller stenographischen und photographischen Genauigkeit wiedergeben. Nur so wird die

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lebendige Rede nicht ausgedörrt, sondern lebendig wiedergegeben.

Noch ein, allerdings fast unbegreiflicher Mangel der sozialdemokratischen Presse sei kurz erwähnt: daß sie zwar den Kapitalismus bekämpft in seinen Formeln, Tendenzen, sozialen Wirkungen, daß sie ihn aber nicht verfolgt in seinem realen inneren Getriebe. Unsere Parteipresse hat nur bescheidene Spuren eines Handelsteils. Und doch wäre gerade die unabhängige sozialistische Kritik der Erscheinungen des kapitalistischen Lebens der ungeheuerste Zuwachs an Einfluß und Ansehen unserer Zeitung. Und hier wäre Dezentralisation am Platze. Es sollte kein Parteiblatt geben, das nicht einen Redakteur oder Mitarbeiter hat, der alle finanziellen, industriellen, kaufmännischen, landwirtschaftlichen Unternehmungen des Verbreitungsbezirkes seiner sachkundigen Beobachtung unterstellt. Dieser Mitarbeiter des Blattes wäre dann auch zugleich der berufene Berater der Gewerkschaften in ihren Kämpfen gegen das Unternehmertum.

Ich habe keine Phantasien vorgetragen, sondern ganz nüchtern Möglichkeiten und Notwendigkeiten aufgezeigt, die verwirklicht werden müssen, wenn anders wir die Schranken in der bisherigen Entwicklung unserer Presse überschreiten wollen.

(April 1914.)

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